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Meister und Werkstätte

 

Einleitung

Marcali liegt im Nordwesten des Komitats Somogy, 13 km vom Balaton entfernt, zwischen dem Kleinen Balaton und dem Nagyberek, und ist die größte Siedlung des sogenannten Marcali Berggrats. Schon seit dem 15. Jahrhundert wird Marcali in Urkunden als Marktflecken erwähnt, und gilt als wirtschaftliches und gesellschaftliches Zentrum der umgebenden Siedlungen. Die Bewohner dieser Gegend waren jahrhundertelang überwiegend in der Landwirtschaft tätig, mit der Zeit begann Handwerk und Handel eine bedeutende Rolle im Leben der Stadt zu spielen. Eine Bevölkerungszählung aus dem Jahr 1828 bestätigt die Anwesenheit von 61 Handwerker in Marcali, darunter Stiefelmacher, Schuster, Schuhmacher, Kürschner, Schneider, Hutmacher, Knopfmacher, Kammmacher, Barbiere, Uhrmacher, Schmiede, Schlösser, Bäcker, Seifensieder, Schornsteinfeger, Puppenmacher. Vertreten war auch das Handwerk des Blaudrucks. Die Handwerker haben die Nachfrage bedient, hatten jedoch auch einen bedeutenden Einfluss auf den Geschmack der Kunden. Die Gegenstände aus diesem Museum sind in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch in Gebrauch gewesen. Die sich in den nächsten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts entfaltenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Änderungen haben das Ende der Handwerkertätigkeit bewirkt.

Schumacher

Schumacher, als Nachkommen der Schuster und Stiefelmacher haben Schuhe repariert und nach Maß gefertigt. Schumacher sind seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Marktflecken Ungarns vertreten. Sie hatten einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der städtischen Schuhmode und dadurch auch auf die Schuhtrends der Dorfbewohner.

Blaudruck als Handwerk

Blaudruck ist eine alte Technik des Textildrucks, wodurch ein blau-weißes Muster entsteht. Das Handwerk des Blaudrucks stammt ursprünglich aus Asien und ist in Ungarn durch die deutschen Siedler bekannt geworden. Der Druck erfolgt per Hand mit Modeln, die von einem spezialisierten Handwerker, dem Formenschneider hergestellt werden. Ursprünglich bestanden die Modeln aus Holz, aus dem das Muster herausgestochen wurde. Seit dem 19. Jahrhundert benutzte man auch Modeln, bei denen das Muster aus feinen Messingstiften und -platten bestand. Nach dem Auftragen des Abdeckmittels wurde der Stoff in den Färbebottich, die Küpe, getaucht. Je öfter er getaucht wurde, desto dunkler und kräftiger wurde die Farbe. Mit der gleichen Technik wurden Stoffe auch grün oder rot gefärbt. Die aus Blaudruck genähten Kleidungsstücke wurden sowohl an Wochentagen, wie auch an Feiertagen oder sogar als Trauerkleider getragen In der hier veranschaulichten Werkstatt kann der Besucher den Prozess des Blaudrucks sehen. Ein Teil der ausgestellten Werkzeuge und Einrichtungsgegenstände sind aus dem Nachlass der Familie Rückländer.

Kunstschmiede

Im 14. Jahrhundert hatte sich das Schlosserhandwerk aus dem Handwerk der Schmiede weiterentwickelt. In den späteren Jahrhunderten verfeinerte sich die Spezialisierung immer weiter. Die Kunstschmiede haben ihr Handwerk zu Meisterwerken entwickelt. Einer der Nachkommen dieser begabten Kunstschmiede war Béla Hikman (1887-1958), der bekannte Schmied der Stadt Marcali. Ein Teil seiner Kunstwerke sind in dieser Ausstellung zu sehen, andere sind auch heute noch an zahlreichen Bauten der Stadt vorhanden. Der Metalldrache, der sein ehemaliges Haus (Petőfi u. 11.) verziert, ist zu einem Symbol der Stadt geworden.

Honigkuchen

Honigkuchen war als Gebäck in Ungarn schon seit dem Mittelalter bekannt. Nach deutschem Muster haben auch ungarische Handwerker im 17. Jahrhundert begonnen sich in Zünfte zu organisieren. Die in verschiedenen Formen: Puppen, Husaren, Herze usw. gebackenen Honigkuchen waren nicht nur als Gebäck, wegen ihrem Geschmack populär, sie dienten auch als Geschenke die man von den Jahrmärkten mitnahm und lange als Erinnerungen aufbewahrte. In früheren Zeiten wurde Honigkuchen mit Hilfe von geschnitzten, hölzernen Formen geschnitten. Im 19. Jahrhundert beginnt man Blechschnitzer herzustellen, mit denen man den sogenannten weißen, mit Zucker und ohne Honig gekneteten Teig zu Formen schnitt. Der fertig gebackene Kuchen wurde mit einer gefärbten Kuchenglasur aus Kartoffelmehl, Kartoffelzucker und Eiweiß dekoriert. Zu den bedeutenden Meistern dieses Handwerks zählte in Marcali die Familie Gömbös mit einer 1890 gegründeten Werkstatt. Die Witwe von István Gömbös hat dieses Handwerk bis 1981 betrieben.

Seiler

Als Rohstoff für Seile diente Hanf, den die Seiler von Bauern oder Händler besorgt hatten. Hanf wurde einem langen Bearbeitungsprozess unterworfen. Das Rohmaterial wurde auf dem Schwingbock behandelt, und anschließend erst durch grobe, dann immer feinere Hecheln gezogen. Dabei entstanden langfaseriger Kernhanf und mittellanger Hanf, der auf dem Seilerrad versponnen wurde. Es wurden handbetriebene Werkzeuge verwendet. Aus den kräftigen Fasern von Qualitätshanf wurden Seile zu verschiedner Anwendung hergestellt, z. B. Halfter, Wäscheleinen, Stränge. Zum Spinnen der Hanffasern war viel Platz nötig, deshalb fand diese Arbeit oft im Hof oder sogar auf der Straße statt.

Jahrmärkte

Im Komitat Somogy gab es im 18. Jahrhundert 22 Marktflecken, wobei das Marktrecht ein Privilegium des örtlichen Gutsherrn war. Jahrmärkte wurden in Marcali vier Mal im Jahr veranstaltet. Dieses Recht erwarb die Stadt 1772 durch den Gutsherrn Antal Széchenyi.

Die Tage dieser Jahrmärkte waren, wie folgt festgelegt: 
25. März Maria Verkündigung
1. Mai Filips Tag
25. Juli Jakobs Tag
5. November Emerichs Tag

Der Ablauf der Jahrmarkte fand nach genauen Regeln statt, mit festgelegten Zeitpunkten für den Beginn und das Ende des Marktes, mit genauen Plätzen für die Stände. Geregelt wurde auch der Kauf und Verkauf der Waren. Die Händler waren meistens Handwerker der Stadt oder der Gegend, manchmal sogar Wanderhändler. Die Besitzer der Stände, hatten feste Plätze, andere verkauften ihre Waren aus ihrem Karren, vom Boden oder aus Kisten. Die Jarhrmaktszene, die im Mittelpunkt der Ausstellung steht (Emerichs Tag, 5. November), erinnert an die Atmosphäre der Zwischenkriegszeit. Die Handwerker tragen bürgerliche Kleider, die Käufer haben Volkstrachten an. Die junge Frau und ihre Tochter sind in Trachten aus Somogyszentpál gekleidet, die alte Frau, die Blaudruck kauft, trägt eine Tracht aus Bize, die dritte Frau hat die typische Kleidung der Frauen aus Somogysámson an.

Schrift und Ausstellung:
Orsolya Kapitáy Ethnograph
Judit Imrő Ethnograph
Übersetzung: Katalin Vajna-Vormair

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